Gesundheitsförderung und Gesundheitspolitik in der Pflegeausbildung
Erding I 10.12.2024
Auf dem Stundenplan der Erdinger Pflegeauszubildenden stand in den letzten Wochen das Thema „Gesundheitsförderung und Gesundheitspolitik“ ganz weit oben. Schulleiter Michael Nauen hatte die Klasse aufgerufen, Schwerpunkte zu wählen, einen Projektplan zu erstellen, das Projekt durchzuführen und anschließend die Ergebnisse zu präsentieren.
In vier Gruppen aufgeteilt, befassten sich die angehenden Pflegefachfrauen und -fachmänner mit unterschiedlichen Aufgabenstellungen. Die erste Gruppe mit dem Schwerpunkt „Gender und Gesundheit“ untersuchte die Fehlrepräsentation von Frauen in medizinischer Forschung und die daraus resultierenden Auswirkungen. Soziale Ungleichheit und Gesundheit am Beispiel der Obdachlosigkeit wählte die zweite Gruppe. Gruppe drei befasste sich mit Inklusion und Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderung. Die Arbeitsgruppe Gender und Gesundheit recherchierte zum Thema weibliche Genitalverstümmelung, auch female genital mutilation, kurz FGM, genannt. Zur Aufgabe gehörte neben dem Sammeln von Informationen und Ideen zum Schwerpunkt auch der direkte Kontakt mit Betroffenen, Selbsthilfegruppen, Institutionen und Experten. Zudem sollte ein pflegerelevantes Gesundheitsmodell, wie zum Beispiel das Salutogese-Modell, auf die Projektarbeit angewandt werden.
Um an Informationen aus erster Hand zu kommen, machten sich die Auszubildenden auf den Weg in Behinderteneinrichtungen, Schulen mit Inklusionsklassen, Interessensvertretungen, Kliniken, inklusive Kindergärten, zu Betroffenen und Experten. Die Projektgruppe „Obdachlosigkeit“ setzte sich intensiv mit unterschiedlichen Studien und bestehenden regionalen Projekten auseinander. Mittels eines Interviews mit einem in München lebenden Wohnungslosen verschaffte sich die Gruppe einen sehr persönlichen Zugang zur Obdachlosigkeit. „Wir konnten im Gespräch Vorurteile und Stereotypen zu diesem Phänomen abbauen“, versicherte Azubi Mila Curic.
Ihre Ergebnisse zeigten die Azubis mithilfe von Podcasts, Fotos, Collagen, Flyer, Stellenwänden und Powerpointpräsentationen. Die Präsentation der Auszubildenden, die sich mit „FGM“ befasst hatten, war für alle besonders eindrucksvoll und interessant. Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation, dass weltweit mehr als 200 Millionen Mädchen und Frauen Genitalverstümmelung erleiden, schockieren. Aus Solidarität mit den von dieser schweren Menschenrechtsverletzung Betroffenen kleidete sich die Gruppe einheitlich in rosa Sweatshirts. Schulleiter Nauen und seine Stellvertreterin Veronika Mittermayer zeigten sich beeindruckend vom Engagement und dem Teamgeist, der in allen Arbeitsgruppen deutlich spürbar war.
„Die Auszubildenden blieben nicht bei einem empathischen Verständnis für die Betroffenen stehen, sondern zeigten Handlungsstrategien wie Aufklärung, Bildungsveranstaltungen und Hilfsangebote auf“, lobte er die Projektpräsentationen aller Gruppen. Pflege ist ein sozialer Beruf, der von der Interaktion zwischen Pflegefachkraft und Pflegeempfangenden lebt. Für Mittermayer und Nauen ist es daher sehr wichtig, dass die angehenden Pflegefachfrauen und -fachmänner nicht nur Fachwissen erwerben, sondern auch einen umfassenden Blick auf die Beziehung zwischen Gesundheitsfürsorge, Politik und Gesellschaft entwickeln. „Pflege ist nicht nur auf das Patientenbett oder das Bewohnerzimmer beschränkt. Pflege ist ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag“, sind die beiden Schulleitungen überzeugt.